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Methoxyfluran

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Mindestqualifikation

NFS (mäßiger bis starker Traumaschmerz oder atraumatischer muskuloskelettaler Schmerz = somatischer Schmerz)

Notärztin/Notarzt (zur allgemeinen Schmerzbekämpfung)

Indikationen in der Notfallmedizin

Notfallmäßige Linderung von mäßigen bis starken Schmerzen

Wirkstoffgruppe

inhalatives Anästhetikum, Hypnotikum (Narkosemittel), das in niedriger Dosierung schmerzbekämpfend wirkt

Kontraindikationen

  • Überschreitung der Gesamtdosis von 6 ml in 24 Stunden
  • Allergie oder Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder anderen Fluranen
  • Leberschädigung oder andere schwere Nebenwirkungen nach Anwendung von Methoxyfluran oder anderen Inhalationsanästhetika oder entsprechende Familienanamnese
  • maligne Hyperthermie in der Anamnese oder genetische Veranlagung dafür
  • klinisch manifeste Niereninsuffizienz, Herz-Kreislauf-Insuffizienz oder Atemdepression
  • eingeschränktes Bewusstsein, z. B. durch Arzneimittel, Alkohol, Drogen oder Kopfverletzungen
  • Hinweis: Methoxyfluran ist in Österreich zur Anwendung ab dem 18. vollendeten Lebensjahr zugelassen. Die Anwendung bei Kindern ist international üblich.

CAVE

Besondere Vorsicht ist geboten bei gleichzeitiger Anwendung von ZNS-dämpfenden Substanzen, z. B. Opioiden und Benzodiazepinen, Lebererkrankungen oder Risikofaktoren für Leberfunktionsstörungen und erhöhtem Risiko für Nierenerkrankungen sowie älteren Patienten.

Methoxyfluran wird in der Leber verstoffwechselt und die Abbauprodukte werden über die Niere ausgeschieden. Bei deutlich höheren Dosen als zur Analgesie verwendet oder bei schwer geschädigter Leber oder Niere kann das Arzneimittel diese Organe schädigen.

Nebenwirkungen

Schwindelgefühl, euphorische Stimmung, Kopfschmerzen, Schläfrigkeit, kurzzeitige Geschmacksstörung, Husten, Übelkeit, Gefühl des Betrunkenseins. Diese angeführten Nebenwirkungen sind leicht reversibel, sobald die Inhalation beendet wird.

Eine schwerwiegende dosisabhängige Nieren- oder Leberschädigung wurde nur dann mit Methoxyfluran in Verbindung gebracht, wenn es in hohen Dosen über längere Zeiträume während Allgemeinanästhesie angewendet wurde. Methoxyfluran wird daher für die Anästhesie nicht mehr verwendet.

Dosierungshinweise

Einen Einzeldosisbehälter zu 3 ml mit dem mitgelieferten Gerät inhalieren lassen. Wenn benötigt kann im Anschluss eine zweite Dosis zu 3 ml inhaliert werden.

Praxistipp

Es ist wichtig, das Eingießen der Flüssigkeit in den Inhalator korrekt durchzuführen. Dabei geht sonst leicht Flüssigkeit verloren, die dann nicht mehr für die Behandlung zur Verfügung steht.

Die Analgesie erfolgt schnell und stellt sich nach 6-10 Inhalationen ein.

  • Es sollen zunächst vorsichtige und nicht zu tiefe Atemzüge durch den Inhalator erfolgen, um sich an Geruch und Geschmack zu gewöhnen.
  • Danach soll normal durch den Inhalator ein- und ausgeatmet werden.
  • Um eine ausreichende Analgesie zu erreichen, soll intermittierend (nach einer Inhalation einige Atemzüge Pause) inhaliert werden.
  • Eine kontinuierliche Inhalation ist bei höherer Schmerzintensität möglich, verkürzt jedoch die Anwendungsdauer.
  • Eine stärkere Analgesie wird durch Verschließen des Verdünnungsloches erreicht.

Wirkung

Methoxyfluran gehört zur Gruppe der fluorierten Kohlenwasserstoffe der volatilen Anästhetika. Es wurde bis in die 1970er Jahre zur Anästhesie verwendet. Beim Abbau von Methoxyfluran im Körper fällt anorganisches Fluorid an, das die Niere schädigt. Zur Allgemeinanästhesie wird Methoxyfluran daher nicht mehr eingesetzt.

Heute wird Methoxyfluran in deutlich niedrigeren Dosierungen als rasch und kurz wirksames Schmerzmittel eingesetzt. Es tritt in Form eines Dampfes in die Lungen ein und wird schnell ins Blut transportiert. Daher wirkt es sehr rasch nach 6-10 Inhalationen. Der Mechanismus, über den es seine analgetische Wirkung entfaltet, ist nicht vollständig aufgeklärt.

Die in der Fachinformation und teilweise in der Literatur angeführten ernsthaften Nebenwirkungen an Organsysteme treten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nur bei wiederholter Inhalation über mehrere Tage auf oder stammen aus der Zeit, als Methoxyfluran zur Anästhesie verwendet wurde. Bei einmaliger Gabe (bzw. einmaliger Wiederholung im Rahmen einer Behandlung) sind diese im notfallmedizinischen Setting nicht relevant.

Wechselwirkungen mit anderen Analgetika - Hinweise für notärztliche Schmerztherapie

Die notärztliche Schmerztherapie wird durch eine vorangegangene Inhalation von Methoxyfluran nicht wesentlich beeinflusst. Wahrscheinlich sind niedrigere Dosen erforderlich, um eine ausreichende Analgesie zu erhalten. Es spricht nichts dagegen, eine von NFS begonnene Behandlung mit Methoxyfluran weiterzuführen. Speziell im australasiatischen Raum wird Methoxyfluran seit Jahrzehnten zur präklinischen Schmerztherapie verwendet und regelhaft mit Paracetamol, Opioiden und Esketamin kombiniert.

Im Rahmen einer notärztlichen Schmerztherapie eignet sich Methoxyfluran sehr gut, um prozedurale Schmerzen (etwa beim Umlagern oder Schienen auftretende verstärkte Schmerzen) zu bekämpfen. Hier wird empfohlen, den "Basis-Schmerz" herkömmlich mit Opioiden oder Esketamin zu therapieren, aber den kurz auftretenden prozeduralen Schmerz mit Methoxyfluran erträglich zu machen. So sind niedrigere Dosierungen von Opioiden oder Esketamin möglich und die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Nebenwirkungen wird reduziert.

Schwangerschaft und Stillzeit

Wie bei allen Arzneimitteln ist bei der Anwendung in der Schwangerschaft, insbesondere im ersten Trimester, Vorsicht geboten. Methoxyfluran gelangt in den fetalen Kreislauf. Bei kurzzeitiger Anwendung und Beachtung der Dosierempfehlungen hat es nur geringe Auswirkungen an den Fötus.

Eine Studie der University of Western Australia vom Juli 2022 fand keine nachteiligen Auswirkungen der Methoxyflurangabe auf die ungeborenen Kinder. Quelle: Prevalence and Perinatal Outcomes Following In Utero Exposure to Prehospital Emergency Methoxyflurane: A 17-Year Retrospective Cohort Study