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Patient:in verweigert Behandlung/Transport

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1 Unterbringung (UBG)

Bestehen Hinweise darauf, dass eine Psychiatrie-Unterbringung indiziert sein könnte, muss die Polizei hinzugezogen werden. Sanitäter:innen und Notärzt:innen haben im Zuge von Unterbringungen keine Zwangsbefugnisse. Schutzmaßnahmen durch den Rettungsdienst (zB: Sedierung durch den Notarzt) kann nur in äußersten Grenzfällen erwogen werden (Voraussetzungen siehe unten unter "5 Schutzmaßnahme gerechtfertigt") und können nicht durch die Polizei angeordnet werden.

Die Beiziehung des Rettungsdienstes durch die Polizei soll nur erfolgen, wenn es erforderlich ist. 

In einer psychatrischen Abteilung darf nur untergebracht werden, wer

  • an einer psychischen Krankheit leidet (Patienten mit vergleichbaren Beeinträchtigungen wie Demenz können nicht untergebracht werden) und
  • im Zusammenhang damit sein Leben oder seine Gesundheit oder das Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich und erheblich gefährdet und
  • nicht in anderer Weise, insbesondere außerhalb einer psychiatrischen Abteilung, ausreichend ärztlich behandelt oder betreut werden kann.
2 Patient:in entscheidungsfähig oder gültig vertreten

Das behandelnde Gesundheitspersonal (Sanitäter:innen/Notärzt:innen) muss bei jedem Patienten die Entscheidungsfähigkeit abschätzen. 

Nach den gesetzlichen Vorgaben ist entscheidungsfähig, wer

  • die Bedeutung und die Folgen seines Handelns im jeweiligen Zusammenhang versteht,
  • seinen Willen danach bestimmen und
  • sich entsprechend verhalten kann.

Dabei ist zu beachten, dass die Willensbestimmung einer entscheidungsfähigen Patientin/eines entscheidungsfähigen Patienten durchaus höchst subjektiv und weder objektiv nachvollziehbar, noch zwingend "vernünftig" sein muss.

Die Entscheidungsfähigkeit ist dabei immer im Einzelfall in der aktuellen Situation und zum aktuellen Zeitpunkt zu beurteilen. Auch ein:e vertretene:r Patient:in kann damit entscheidungsfähig sein und kann dann nicht vertreten werden.

Ist die volljährige Patientin/der volljährige Patient in der Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt, muss versucht werden, den "Unterstützungskreis" zu aktivieren, sodass die Patientin/der Patient die Entscheidungen selbst treffen kann. Dieser "Unterstützungskreis" kann aus Angehörigen, Verwandten oder anderen nahe stehenden Personen bestehen.

Bei Gefahr in Verzug (Gefahr des Lebens, schwerer Gesundheitsschädigung, starke Schmerzen) ist die Zustimmung der Vertretung nicht erforderlich. Die Zustimmung ist nach der Einleitung der Behandlung unverzüglich einzuholen.

Bei Kindern wird ab dem vollendeten 14. Lebensjahr von der Entscheidungsfähigkeit ausgegangen.

Vertretung - Erwachsene

Nicht entscheidungsfähige Patient:innen können durch Vorsorgebevollmächtigte oder Erwachsenenvertreter:innen vertreten werden, wenn deren Wirkungsbereich medizinische Angelegenheiten umfasst. Die Vertretung kann die Behandlung/den Transport der vertretenen Patientin/des vertretenen Patienten ablehnen.

Vorsorgebevollmächtigte und Erwachsenenvertreter:innen haben dabei den (vermuteten) Willen der vertretenen Person zu beachten (verbindliche Patientenverfügungen sind auch für die Vertretung bindend).

Besteht Uneinigkeit zwischen Patient:in und Vertretung, geht grundsätzlich der Patient:innenwille vor. Diese Situationen sind durch Dialog, ggf. durch Einbindung von Angehörigen oder anderen Gesundheitsdienstleistern zu lösen.

Besteht der begründete Verdacht, dass ein:e Vertreter:in den Willen der vertretenen Person nicht beachtet, kann eine Anzeige bei der Polizei durchgeführt werden (Bei Gefahr in Verzug: Alarmierung der Polizei).

Vertretung - Kinder

Bei Kindern unter 14 Jahren wird angenommen, dass sie nicht entscheidungsfähig sind. Sie werden durch Obsorgeberechtigte (oder andere Personen, die mit der gesetzlichen Vertretung bei Pflege und Erziehung betraut sind) vertreten. Der Vertretung kann die Behandlung/den Transport des Kindes ablehnen. hat dabei aber das Wohl des Kindes zu beachten.

Besteht der begründete Verdacht, dass die Vertretung das Wohl des Kindes nicht beachtet, ist eine Anzeige nach §5a SanG durchzuführen (Bei Gefahr in Verzug: Alarmierung der Polizei).

Besteht Uneinigkeit zwischen dem Kind und der Vertretung, ist die Entscheidung der Vertretung ausschlaggebend, solange diese dem Kindeswohl entspricht.

3 TNA konsultieren

Sollten Patient:innen die Behandlung oder den Transport verweigern, obwohl Lebensgefahr besteht, soll der Telenotarzt kontaktiert werden. Die Konsultation des Telenotarztes dient der zusätzlichen Absicherung für Sanitäter:innen und kann möglicherweise Patient:innen davon überzeugen sich behandeln/transportieren zu lassen. Ein Gespräch mit dem Telenotarzt kann Patient:innen natürlich nicht aufgezwungen werden.

4 Revers

Ein Revers liegt vor, wenn ein:e Patient:in eine von der Sanitäterin/vom Sanitäter angeratene Untersuchung, Versorgung oder den Transport ablehnt. Der Revers ist, unabhängig von der Bereitschaft der Patient:innen ein Reversformular zu unterschreiben, gültig und zu respektieren.

Der Revers kommt nur in Frage, wenn  die Untersuchung, Versorgung oder der Transport tatsächlich empfohlen wurde. Wird der Transport nicht empfohlen, liegt eine "Untersuchung/Behandlung ohne Transport" vor (siehe BLL "Untersuchung/Behandlung ohne Transport").

Liegen Hinweise vor, dass es sich um einen lebensbedrohlichen Notfall handelt, soll zusätzlich mit dem Telenotarzt Rücksprache gehalten werden. 

Auf Grund des erhöhten rechtlichen Risikos bei Reversen und Untersuchungen/Behandlungen ohne Transport ist eine ausführliche Dokumentation erforderlich.

4 Revers

Ein Revers liegt vor, wenn ein:e Patient:in eine vom Sanitäter:in angeratene Untersuchung, Versorgung oder Transport ablehnt. Der Revers ist, unabhängig von der Bereitschaft der Patient:innen ein Reversformular zu unterschreiben, gültig und zu respektieren.

Der Revers kommt nur in Frage, wenn dem Patienten die Untersuchung, Versorgung oder der Transport tatsächlich empfohlen wurde. Wir dem Patienten der Transport nicht empfohlen, liegt eine "Untersuchung/Behandlung ohne Transport" vor (siehe BLL "Untersuchung/Behandlung ohne Transport").

Liegen Hinweise vor, dass es sich um einen lebensbedrohlichen Notfall handelt, soll zusätzlich mit dem Telenotarzt Rücksprache gehalten werden. 

Auf Grund des erhöhten rechtlichen Risikos bei Reversen und Untersuchungen/Behandlungen ohne Transport ist eine ausführliche Dokumentation erforderlich.

5 Verbindliche Patient:innenverfügung

Eine verbindliche Patient:innenverfügung stellt eine Willenserklärung dar, mit der Patient:innen eine medizinische Behandlung ablehnen, sollten sie zum Zeitpunkt der Behandlung nicht entscheidungsfähig sein. Jede:r Angehörige von Gesundheitsberufen ist verpflichtet, die abgelehnten Behandlungen zu unterlassen.

Die Notfallversorgung d hat Vorrang, sofern der mit der Suche nach der Patient:innenverfügung oder der inhaltlichen Beschäftigung damit verbundene Zeitaufwand das Leben oder die Gesundheit der Patientin/des Patienten gefährden. Sobald ausreichend Gesundheitspersonal vor Ort ist (bei Reanimationen üblicherweise ab 3 Angehörigen von Gesundheitsberufen), muss sich dieses unter Fortführung der Notfallversorgung mit der Patient:innenverfügung beschäftigen und die abgelehnten Behandlungen einstellen.

Formvorschriften für verbindliche Patientenverfügung:

  • Höchstpersönliche Errichtung und Vorliegen der Entscheidungsfähigkeit bei der errichtenden Person im Erstellungszeitpunkt
  • Ärztliche Aufklärung
  • Errichtung vor Rechtsanwalt/-anwältin/Notar:in/rechtskundiger Patient:innenvertretung/rechtskundiger/-em Mitarbeiter:in des Erwachsenenschutzvereins
  • Ablehnung bestimmter medizinischer Behandlungen
  • Aktualität (Geltungsdauer 8 Jahre, Ausnahme: Können Patient:innen die Patient:innenverfügung mangels Entscheidungsfähigkeit nicht erneuern, bleibt diese verbindlich)
6 Schutzmaßnahme gerechtfertigt

Die Regeln des Unterbringungsgesetzes können nur dann angewendet werden, wenn diepsychisch psychisch kranke Patient:innenzur Gefahrenabwehr in eine Psychiatrie gebracht werden. Wehren sich nicht entscheidungsfähige Patient:innen ohne psychiatrische Erkrankung gegen die Behandlung/den Transport hat die Polizei damit keine Zwangsbefugnisse. 

Liegt eine offensichtliche Lebensgefahr oder die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung vor, kann es gerechtfertigt sein, dass der Rettungsdienst Schutzmaßnahmen gegen den Patient:innenwillen ergreift. Dabei muss eine ausführliche Abwägung erfolgen, die folgende Fragen beinhalten muss:

  • Gibt es nachvollziehbare Gründe für die Ablehnung?
  • Ist eine Akutbehandlung notwendig (Abwendung einer offensichtlichen Lebensgefahr oder der Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung - RETTS Dringlichkeitsstufe ROT)?
  • Gibt es eine weniger eingreifende Maßnahme, die die Lebensgefahr oder die Gesundheitsschädigung abwenden kann?
  • Ist die Maßnahme verhältnismäßig?

Eine ausführliche Dokumentation ist in diesen Fällen erforderlich.

7 Keine Behandlung/Transport - Vertreter kontaktieren

Wehren sich nicht entscheidungsfähige Patient:innen gegen die Behandlung/den Transport, können diese nicht einfach dazu gezwungen werden. Es muss versucht werden, mit der Vertretung Kontakt aufzunehmen und den Grund für die Ablehnung herauszufinden. Gemeinsam mit der Vertretung muss eine Lösung gefunden werden, die dem Patient:innenwillen optimal entspricht (Bei Kindern müssen Obsorgeberechtigte das Kindeswohl beachten). Besteht offensichtliche Lebensgefahr oder die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung, kann eine Schutzmaßnahme gegen den Patient:innenwillen in Erwägung gezogen werden (Voraussetzungen siehe unten unter "5 Schutzmaßnahme gerechtfertigt").

Liegt eine allgemeine Gefährdung vor (Verwahrlosung, unbegleitetes Kind...), kann die Polizei alarmiert werden.

Die Definition der Storno-/Endegründe im LeoDok findest du im Handbuch.

Quellenangaben

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB), Rechtsinformationsgesetz des Bundes (RIS)
Bundesgesetz über die Unterbringung psychisch kranker Personen in Krankenanstalten (Unterbringungsgesetz – UbG), Rechtsinformationsgesetz des Bundes (RIS)
Bundesgesetz über Patientenverfügungen (Patientenverfügungs-Gesetz – PatVG), Rechtsinformationsgesetz des Bundes (RIS)
Bundesgesetz über Ausbildung, Tätigkeiten und Beruf der Sanitäter (Sanitätergesetz – SanG), Rechtsinformationsgesetz des Bundes (RIS)
Resch/Wallner, Handbuch Medizinrecht (2020)
Wallner, Medizinrecht (2022)
Halmich, Recht für Sanitäter (2021)
Halmich, Erwachsenenschutzrecht für Gesundheitsberufe (2020)
Halmich, Patientenverfügung (2025)

Version
Version OLLNOE 25.0

09/2025

Ursprungsversion

    Keine Gewährleistung für ausgedruckte Versionen - aktuell ist nur die Online-Version https://rdmed.n.roteskreuz.at/ oder die RKNÖ-App-Version (Aktualisierung alle 24h)!