Direkt zum Hauptinhalt

Amiodaron

AZ0_9092.jpg    

Mindestqualifikation

NKV (bei Atem-Kreislaufstillstand)

Notärztin/Notarzt (alle weiteren Indikationen)

Indikationen in der Notfallmedizin

Atem-Kreislaufstillstand
symptomatische und akut behandlungsbedürftige regelmäßige ventrikuläre Tachykardien
symptomatische und akut behandlungsbedürftige supraventrikuläre Tachykardien 
(z.B. AV-Knoten-Re-Entry-Tachykardien, WPW-Syndrom)

Wirkstoffgruppe

Antiarrhythmikum (Klasse III)

Kontraindikationen

Im Rahmen der Reanimation keine Kontraindikation!

Generell bei der Anwendung von ärztlichem Personal:

alle Formen der Leitungsverzögerungen (Bradykardien, höhergradige AV-Blockierungen)
bei der Einnahme von QT-Zeit verlängernden Arzneistoffen ( z.B. Psychopharmaka)
Hypotonie
Herzinsuffizienz 
schwere Lungenerkrankungen
Schilddrüsenfunktionsstörungen
Jodallergie 


Bei der Behandlung von Tachykardien muss sichergestellt sein, dass es sich um eine rhythmologisch bedingte Tachykardie handelt und nicht etwa um eine Kompensation eines kardiogenen Schocks. Die Anwendung von Amiodaron ist bei der gleichzeitigen Einnahme von die QT-Zeit verlängernde Medikamenten kontraindiziert, da eine überschießende Wirkung mit potenziell lebensbedrohlichen Bradykardien zu erwarten ist.

Nebenwirkungen

im Rahmen der Reanimation zu vernachlässigen

Generell bei der Anwendung von anderen Indikationen:

Herz-Kreislauf: EKG-Veränderungen (AV-Blockierungen, Bradykardie bis Asystolie), Hypotonie,
Lunge: Bronchospasmus und Lungenfibrose
Schilddrüse: Schilddrüsenfunktionsstörungen
Auge: Mikroablagerungen in Korneavorderfläche
Photosensibilität
allergische Reaktionen

Dosierungshinweise

Ampullen: 150 mg/3 ml

Reanimation: ERC Guidelines 2021 

Erwachsener:
300 mg nach dem 3. Schock bei pers. pVT/VF (im Bolus)
150 mg nach dem 5. Schock bei pers. pVT/VF (im Bolus)
Kind:
5mg/kg Körpergewicht bis max. 300mg bei pers. pVT/VF (im Bolus)
5mg/kg Körpergewicht bis max. 150mg bei pers. pVT/VF (im Bolus)

Symptomatische regelmäßige ventrikuläre Tachykardie: ERC-2021
300 mg Infusion über 20-60 min (langsam)
gefolgt von 900 mg über 24h

Symptomatische tachykarde supraventrikuläre Herzrhythmusstörungen
(AV-Knoten-Re-Entry-Tachykardien, WPW-Syndrom)

5mg /Kg Körpergewicht langsam über 3 min
300mg in 250 ml G5% (20min- 120min)

Praxistipp

Amiodaron muss langsam aufgezogen werden, weil es stark schäumen kann. Es wird ausschließlich im Rahmen der Reanimation im Bolus gegeben - sonst muss es immer mit 5 %iger Glukose verdünnt werden. Die genaue Zusammenstellung (wie viel Wirkstoff, wie viel Verdünnung) bei Tachykardien muss im Team besprochen werden und ist von der Notärztin/dem Notarzt individuell festzulegen.

Wirkung

Die Hauptwirkung des Amiodarons basiert auf der Hemmung des repolarisierenden Kaliumauswärtsstroms im Arbeitsmyokard.
Hierbei kommt es zu einer Verlängerung des Aktionspotentials in der Herzmuskelzelle, welches mit einer Verlängerung der QT-Zeit einher geht. Im weiteren Verlauf verlängert Amiodaron im Vorhof und in der Kammer die absolute Refraktärzeit, also die Zeit in der die Herzmuskelzelle unerregbar ist. Als Folge kommt es zur Unterbrechung der kreisenden Erregungen im Herzmuskel. Es erfolgt also eine "medikamentöse Defibrillation". Amiodaron wird auch manchmal als "Multikanalblocker" bezeichnet, da es zusätzlich neben dem Kaliumkanal, die Natrium - und Calciumkanäle als auch die adrenergen Beta-Rezeptoren blockiert. 

Es wirkt daher sehr zuverlässig gegen alle Arten von Tachykardien, mit Ausnahme der Torsades-de-Pointes-Tachykardie. Vorsicht ist geboten, wegen heftiger Nebenwirkungen und vor allem Wechselwirkungen mit häufig verordneten Medikamenten (Statine, Beta-Blocker, andere auf die Herzfrequenz wirkende Medikamente). Da die Halbwertszeit von Amiodaron zwischen 14 und 100 Tagen variiert, hat eine präklinische Amiodarongabe wochenlange Auswirkungen auf die Therapie. Als Sonderform wird es in der Reanimation eingesetzt, um die Erfolgswahrscheinlichkeit der Defibrillation zu erhöhen. In diesem Fall sind die Neben- und Wechselwirkungen irrelevant! 

Klinisch durchgeführte Studien: ARREST und ALIVE 

Schwangerschaft und Stillzeit

im Rahmen der Reanimation keine Einschränkung, sonst kontraindiziert