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Atropin

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Indikationen in der Notfallmedizin

akut auftretende bradykarde Herzrhythmusstörungen
Antidot bei Vergiftungen mit Organophosphaten (z.B. E605, Sarin, Insektizide)
Antidot bei Vergiftungen mit Parasympathomimetika (-Stigmine) 

Wirkstoffgruppe

Anticholinergikum, Parasympatholytikum

Kontraindikationen

Überempfindlichkeit gegenüber Atropin oder sonstige Bestandteile
Myasthenia Gravis
Engwinkelglaukom
Tachyarrhythmie und Vorhofflimmern
Koronare Herzkrankheit
Mechanische Verschlüsse des Magen-Darm-Traktes (Paralytischer Ileus, Megakolon)
obstruktive Harnwegserkrankung


Im Rahmen der Behandlungen von lebensgefährlichen Vergiftungen mit Parasympathomimetika sind alle angeführten Kontraindikationen relativ zu sehen. Bei der Behandlung von Bradykardien kann auf andere Arzneimittel (z.B. Adrenalin) oder einen externen Herzschrittmacher ausgewichen werden.

Cave: bei AV Block 2. Grades (Typ Mobitz II) und AV Block 3. Grades

Nebenwirkungen

Tachykardie (supraventrikulär und ventrikulär)
Verlängerung der Überleitungszeit ab AV Block 2b
Augeninnendrucksteigerung (Glaukomanfall) und damit verbunden Sehstörungen
Schluck-und Sprachstörungen
Psychische Veränderungen (Unruhe- und Erregungszustände, Halluzinationen)
Anaphylaktischer Schock
Anstieg der Körpertemperatur ("Atropinfieber")
Mundtrockenheit, Verwirrtheit, Krämpfe
Hypertonie
Muskelschwäche und Koordinationsstörungen,  
selten: Auslösung eines Angina Pectoris Anfalls

Dosierungshinweise

Bradykardie (ERC-Guidelines 2021):
Erwachsene: 0,5mg; Wiederholung bis max. 3 mg
Kinder: 0,01 mg pro kg KG i. v.  bis max. 0,5mg (Die Dosis darf max. 2-mal nach 10–15 min wiederholt werden.

Vergiftungen mit Organophosphaten bzw. Parasympathomimetika:
2–5 mg i. v. alle 10–15 min bis zum Rückgang der Bronchialsekretion
(das sind bis zu 10 Ampullen - so viele haben wir gar nicht mit!)
Bei unzureichender Wirkung bis zu 100mg Atropingabe auch innerklinisch möglich!
Im Krankenhaus wird eine weitere Substanz namens Obidoxim initial 250 mg, gefolgt von 750mg verabreicht.

Praxistipp

Gemäß ERC-Guidelines wird Atropin bei allen Bradykardien empfohlen. Gemäß der Zulassung ist es bei AV-Blockaden II. und III. Grades kontraindiziert. In der Praxis wird Atropin beim AV-Block III° mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht wirken, da es hauptsächlich auf die Frequenz des Sinusknotens wirkt, dessen Impulse aber beim AV-Block III° nicht im Ventrikel ankommen. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Fasern des parasympathischen Nervensystems nur bis zum AV-Knoten reichen. Die höhergradigen AV-Blockierungen haben ihren Ursprung infranodal (also unterhalb des AV-Knotens). Da im Rettungsdienst die Möglichkeit zur externen Schrittmachertherapie besteht, wird man diese durchführen. Atropin kann im Notfall verwendet werden, wenn keine anderen Möglichkeiten zur Verfügung stehen.

Therapie von Rhythmusstörungen nur unter Überwachung der EKG- und Vitalparameter.

Besonders vorsichtige Dosierung bei:

  • Kindern
  • ältere Personen über 65 Jahre
  • Erwachsenen mit Trisomie 21 (Down-Syndrom)
  • fiebernde Personen
  • Personen mit bekanntem Herzleiden und Hyperthyreose

Wirkung

Atropin ist ein kompetitiver Antagonist von muskarinischen (M2,M3) Acetylcholinrezeptoren. Es hemmt die Wirkung von Acetylcholin und wirkt peripher und zentral. Die peripheren Wirkungen sind:

  • Steigerung der Herzfrequenz (positiv chronotrop)
  • Verbesserung der Reizweiterleitung am Herzen (positiv dromotrop) 
  • Bronchospasmolyse
  • Reduktion des Tonus der glatten Muskulatur (v.a. im Magen-Darm-Trakt)
  • Reduktion der Speichel- und Bronchialsekretbildung

Schwangerschaft und Stillzeit 

Strengste Indikationsstellung!
Im 3. Trimenon bei Mutter und Fetus kann es zu lebensbedrohlichen tachykarden Herzrhythmusstörungen und Intoxikationen kommen.

Stillzeit: Atropin kann zu Vergiftungen des Säuglings führen.